Autorenlesungen in der Stadtbibliothek sind keinesfalls ungewöhnlich. Dass die lesenden Autoren jedoch sowohl im Kollektiv arbeiten als auch allesamt noch die Schulbank drücken, ist im Bibliotheksalltag doch eher ungewöhnlich. An der Oberschule Sandwehen ist die Beteiligung an dem Projekt Schulhausroman des Literaturhauses Bremen, in dessen Rahmen angehende Schulabgänger unter der Anleitung eines professionellen Autors gemeinsam ihren ersten Roman verfassen, welcher anschließend sogar veröffentlicht wird, schon so etwas wie eine kleine Tradition.
„Das Projekt Schulhausroman besteht seit 2015 und hat bislang 14 Romane hervorgebracht“, erklärt Literaturhausleiterin Heike Müller. Der jüngste Zuwachs dieser Reihe, der am Montag als Autorenlesung in den Räumen der Stadtbibliothek in Vegesack zu hören war, stammt aus den Federn der Schüler der 9e der Oberschule Sandwehen und trägt den Titel „Das Ende der Menschheit?“. In dieser lassen die in wechselnden Kleingruppen lesenden Nachwuchsautoren ihrer gemeinsamen Vorliebe für Action freien Lauf: Das arglose Mitbringen einer Giftschlange in den Chemieunterricht entpuppt sich als schlechte Idee; durch eine neuartige Mutation wimmelt es nur allzu bald auf dem gesamten Schulgelände von blutdurstigen Zombies, vor denen sich die noch unverseuchten Schüler wie Lehrer in Sicherheit zu bringen versuchen.
Schreiben im Kollektiv
Unter der Anleitung des Wahlbremers sowie Kinder- und Jugendbuchautoren Jörg Isermeyer, welcher der Lesung aufgrund einer Erkrankung nicht persönlich beiwohnen konnte, entwickelten die Schüler seit Herbst vergangenen Jahres im Kollektiv ihre rasante und dystopische Actiongeschichte und versuchten dabei, die persönlichen Vorlieben aller Beteiligten nach Möglichkeit einzuarbeiten: „Action mögen wir alle. Manche wollten lieber eine Geschichte mit Giftschlangen, andere eher mit Zombies – also haben wir beim Schreiben versucht, sämtliche Wünsche irgendwie unter einen Hut zu bringen“, erklärt einer der insgesamt 22 beteiligten Nachwuchsautoren im Rahmen der anschließenden Gesprächsrunde.
Die dystopische Geschichte mit deutlichen thematischen Anleihen an bekannten Zombiefilmen und -serien wie beispielsweise „The Walking Dead“ ist nicht nur der 14. vom Bremer Literaturhaus Schulhausroman, sondern auch der siebte der Reihe, der in den Klassenräumen der Oberschule Sandwehen entstand. „Üblicherweise beteiligen sich zwei Schulen pro Jahr an dem Projekt. Da die Oberschule in den Sandwehen einen Schwerpunkt auf Literaturvermittlung und Lesen legte, ist diese Schule schon lange unsere Partnerschule“, erklärt Heike Müller.
Die Teilnahme an dem Schulhausromanprojekt ist dabei jeweils einer 8. Klasse vorbehalten, erklärt die stellvertretende Schulleiterin Andrea Merrath. Welche, entscheidet sich schulintern jeweils kurz nach den Sommerferien: „Wir stellen das Projekt im Jahrgangsteam bei den Lehrkräften vor. Es ist ja sehr wichtig, dass das Lehrerteam der Klasse hinter dem Projekt steht – zumal dies einen deutlich höheren Arbeitsaufwand mit sich bringt als der normale Unterrichtsalltag. Im Jahrgangsteam wird dann beraten und abgestimmt, zu welcher Klasse das am besten passt“, erklärt Merrath das schulinterne Auswahlprozedere.
Die Auswahl der jeweils als Schreibtrainer fungierenden Profiautoren übernimmt hingegen das Literaturhaus: „Man kann ja nicht jeden Schriftsteller oder Schriftstellerin vor eine Schulklasse stellen. Die müssen natürlich auch andere Fähigkeiten mitbringen sowie die Lust und die Offenheit, mit Jugendlichen etwas zu machen“, erklärt Heike Müller.
Finden die Autorenlesungen der jeweiligen Schulhausromane üblicherweise in den Räumlichkeiten der Bremer Shakespeare-Company statt, fiel dieser Rahmen in diesem Jahr mangels einer zweiten Teilnehmerschule etwas kleiner als üblich aus.